Rede Demo Tenesse Eisenberg

Nun könnt ihr unsere Rede auf der Demo von Tenesse Eisenberg nachlesen:

Nicht nur Tenesse Eisenberg starb durch Polizeigewalt, im März 2022 starb der 31 jährige David S. Während einer Festnahme in Grünthal bei Regensburg. Er soll Papier angezündet haben und einen Mann angegriffen. 4 Polizist*innen versuchen die Situation zu klären, nehmen ihn fest und melden Minuten später, dass er nicht mehr atmet. Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen ein. „Lagebedingter Erstickungstod“, heißt es.Tragisch, aber die Polizei treffe keine Schuld – obwohl sie ihn in diese Lage brachte. Das die Polizei zunächst eine Eisenstange erfand, mit der David sie angegriffen haben soll und die es nicht gab, nicht weiter relevant. Die Namen derer die durch Polizeigewalt starben hier aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Alle Fälle, so unterschiedlich sie sein mögen, machen doch sehr deutlich, dass das Problem nicht einzelne Polizist*innen vor Ort sind, sondern ein systematisches ist.

Die liberale Antwort auf Polizeigewalt ist in den meisten Fällen beschränkt auf Kritik an dem Verhalten von Polizist*innen oder wie bei Tenesse Eisenberg falscher Munition oder falschen Waffen. Wären die Beamt*innen doch nur ruhiger gewesen, nicht eskalierend, vielleicht auch nicht rassistisch oder hätten sie doch zumindest auf die Beine gezielt. Diese Kritik bleibt zu oberflächlich.

Werden die Fälle unter die Lupe genommen, so wird deutlich, dass sich die Kritik nicht auf das individuelle Verhalten einzelner Beamte*innen beschränken darf.

Selbst wenn kein einziger Cop ein böswilliger, rassistischer, faschistischer und aggressiver Mensch wäre, bleibt die Polizei als System weiterhin tödlich. Sie ist durch ihre Rolle und Bewaffnung eine klare, teils lebensgefährliche Bedrohung für viele Teile der Bevölkerung. Denn deeskalierendes Verhalten der Polizei heißt Abstand gewinnen mit gezückter Waffe. Können so angespannte Situationen wirksam entschärft werden?

Der unbedingte Wille, sich durchzusetzen, gepaart mit einem Arsenal an Waffen macht die Polizei so gefährlich. Auch wenn nur auf die Beine geschossen wird, ist dies lebensbedrohlich. Jeder Einsatz hat das Potential, tödlich zu enden. Polizist*innen sind keine Mediator*innen, keine Therapeut*innen, keine Sozialarbeiter*innen oder ähnliches, sondern verkörpern das Gewaltmonopol des Staates. Sie schieben ab, führen Zwangsräumungen und rassistische Kontrollen durch, prügeln in Demos rein, sperren Leute ein und sind auch regelmäßig für Todesfälle in den unterschiedlichsten Situation verantwortlich.

Daraus ergeben sich zwei mögliche Betrachtungsweisen. In der ersten werden diese Fälle tödlicher Polizeigewalt als verhältnismäßig betrachtet und die Opfer werden abfällig als unausweichliche Kollateralschäden bewertet. Denn wie sich die einzelnen Beamten in diesen Rahmen auch verhalten, wird es immer wieder zu solchen Fällen kommen.

Dass hingegen die staatlichen Repressionsbehörden und ihre Befürworter*innen kein ernsthaftes Interesse haben, ihre tödliche Praxis zu überdenken oder gar zu ändern, zeigt sich an ihren Versuchen, eine Täter-Opfer-Umkehrung zu vollziehen. Dies zeigt sich im Fall von Tenesse Eisenberg, wenn die Polizist*innen trotz intensiver psychologischer und sonstiger Betreuung als die eigentlich Opfer dargestellt werden. Sie seien traumatisiert hieß es damals.

In der zweiten Betrachtungsweise, wollen wir diese tödliche Gewalt nicht mehr hinnehmen. Wir müssen der Polizei in ihrer jetzigen Form ihre Daseinsberechtigung absprechen und für ihre Abschaffung kämpfen. Polizist*innen sind in ihrer Funktion, Struktur, Selbstverständnis und Ausbildung mehr als ungeeignet, soziale und gesellschaftliche Konflikte zu lösen. Vor allem, da die Polizei selbst die Bedingungen für diese Situationen mit verantwortet, kreiert und aufrechterhält. Wie Alternativen aussehen können, zeigen Diskussionen, Praktiken und zum Teil auch veränderte Konzepte in den USA, welche durch die massiven Proteste der Black Lives Matter Bewegung zustande gekommen sind. „Defund the Police“ ist eine klare und auch praktikable Forderung, die sich auch in Deutschland etablieren könnte. Die Umverteilung öffentlicher Gelder zugunsten anderer sozialer Bereiche ist nur einer von vielen Vorschlägen und Möglichkeiten.

Der Druck auf die staatlichen Strukturen muss aufrechterhalten werden. Spontane Empörung ist unzureichend. Solidarität darf kein Hashtagtrend sein, an dem sich auch Konzerne für die eigene Imagepflege beteiligen dürfen. Um mit der Kontinuität der systematischen Polizeigewalt zu brechen ist ein beharrlicher, fortführender Kampf mit klaren Forderungen nötig ist. Gruppen wie die KOP, ISD und die Initiative Oury Jalloh arbeiten seit Jahren daran, sowie überhaupt auch den Rassismus und die Polizeigewalt hier sichtbar zu machen.

Der Widerstand gegen staatlichen Rassismus muss alltäglich und auf den unterschiedlichsten Wegen und Ebenen geführt werden. Die Death in Custody Kampagne berichtet von mehr als 160 rassistischen Todesfällen durch Polizei.

Kämpfen wir dafür, dass es nicht mehr werden.

In Erinnerung an Tenesse Eisenberg
Defund the Police
Gegen Polizeigewalt weltweit

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